Familienbande – Was wir unseren Angehörigen schulden

Was hat euch zu diesem Projekt inspiriert?

Relevanz
Das Thema «Leben im Alter» betrifft jeden früher oder später, sei es wegen des eigenen Alters oder dem eines Familienmitglieds. Die Familienangehörigen befinden sich im Konflikt zwischen Verantwortung und Schuldigkeit gegenüber den Betroffenen und der Wahl zwischen Hilfeleistung und Auslagerung in die Verantwortung von Institutionen und Pflegepersonal.
Gerade heute, in Zeiten, wo die Lebenserwartung der Schweizer Gesellschaft stark steigt und zu einer Überalterung der Gesellschaft führt, gebührt diesem Thema vermehrt Aufmerksamkeit. Zudem ist das Thema immer noch mit vielen Tabus verbunden. Wer gibt schon gerne zu, dass er seine Mutter gegen ihren Willen in das Altersheim gesteckt hat und sie (nur) alle zwei Wochen dort besucht. Dieses Projekt soll deshalb den Weg zu offenen Gesprächen und Diskursen ebnen und die Bandbreite an Entscheidungen und Wegen zu diesen aufzeigen.

Persönliche Motivation
Die Frage des Verbleibs im Alter betrifft jeden früher oder später. So auch uns. Im Moment geht es innerhalb unserer Familien noch um unsere Grosseltern. Aber in einigen Jahren stellen sich unweigerlich auch die gleichen Fragen bei unseren Eltern. Und noch einige Jahre später sind wir an der Reihe.

Erika: Mein Grossvater hatte vor vier Jahren einen Schlaganfall. Mithilfe seiner Partnerin erholte er sich wieder einigermassen. Dann starb sie und seit er allein lebt, geht es bergab. Bei meinem letzten Besuch hatte ich den Eindruck, dass es Richtung Demenz geht. Jetzt müssen wir entscheiden, wie es mit ihm weitergehen soll.

Charlotte: Meine Grosseltern leben in Norddeutschland, tausend Kilometer von mir entfernt. Sie sind über 80 und jedes Mal, wenn ich sie besuche, merke ich, wie weniger geht. Meine Oma erinnert sich noch gut an ihre Mutter, die sie bis zum Schluss pflegte: Kaum war sie pensioniert, war sie pflegende Angehörige. Selbst will sie nicht so altern. Wie, das bleibt die Frage.

Diese Arbeit ist unsere Diplomarbeit des BA Cast/Audiovisual Media an der ZHdK.

Welche Vision habt ihr für das Projekt?

Bei Gesprächen über das Thema in unserem Umfeld haben wir gemerkt, dass eigentlich jede*r eine Geschichte dazu hat. Oft tauchen ähnliche Emotionen auf, mit denen aber ganz unterschiedlich umgegangen wird. Die Schuld, weil die Eltern immer für einen da waren, das schlechte Gewissen nicht genug tun zu können, die Wut, weil man verantwortlich ist, die Angst, dass niemand sich kümmert… Wir wollten ein Gespräch zwischen den Generationen ermöglichen, in dem sich die Teilnehmer offen und vorurteilslos darüber austauschen können und so vielleicht zu neuen Lösungen und Perspektiven kommen. Durch unsere Kurzdokumentationen wollten wir wertungsfrei verschiedene Familienmodelle zeigen und es so Interessierten ermöglichen, in fremde Geschichten einzutauchen und sich selbst darin zu erkennen.

Was ist die genaue Projektidee?

Wir wollen einen offenen Diskurs über das Alter und die Rolle der Familie bei der Vorsorge und Pflege anregen. Der Kern unserer Arbeit sind dokumentarische Kurzfilme, in denen wir drei Familien im Alltag begleiten und einen Einblick erhalten, wie sie die persönliche Situation meistern. Dabei war es uns wichtig, möglichst alle betroffenen Familienmitglieder zu Wort kommen zu lassen, um die extreme Verflochtenheit der Thematik aufzeigen zu können. Durch das Mittel der dokumentarischen Begleitung ermöglichen wir dem*der Zuschauer*in einen Einblick in eine Geschichte, in der er*sie mehr oder weniger Gemeinsamkeiten finden kann. Das führt zu Identifikation mit den Protagonisten und zu Empathie.
Logline dokumentarische Kurzfilme: Gerhard hat seine Frau bis zum Schluss gepflegt, nun braucht er selbst Hilfe. Annemarie ist mit 77 Jahren noch bei guter Gesundheit. Doch sie ist kinderlos. Was, wenn sie Pflege braucht? Ruth dagegen setzt bei ihrer Altersvorsorge alles auf eine Karte: ihre Nachkommen. Drei Geschichten, drei Familien, eine zentrale Frage: Was sind wir unseren Angehörigen schuldig?
Neben den Kurzfilmen haben wir verschiedene Social-Media-Kanäle (Instagram, Facebook und eine Whatsappgruppe) bespielt und dort in Form von Infoposts, Videostatements von Expert*innen und Interviews mit Altersinstitutionen über die Thematik aufgeklärt und mit den Followern diskutiert und ausgetauscht. Denn für uns am wichtigsten ist die Kommunikation untereinander, gerade wenn es um solche Tabuthemen geht. Und wo kann man sich heutzutage besser austauschen und Problematiken sichtbar machen, als auf Social Media!

Wie wird/wurde das Projekt umgesetzt?

Wir haben ein halbes Jahr an dem Konzept gearbeitet und unser Corporate Design für Social Media ausgearbeitet. Darauf folgten 18 Wochen Dreharbeiten, 3 Wochen Schnitt und 3 Wochen Distribution. Ab den Dreharbeiten haben wir zudem unsere drei Social-Media-Kanäle betreut und bespielt.

Was ist für die Zukunft des Projekts geplant?

Die Menschen werden immer älter. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie pflegebedürftig werden. Das heisst, die Thematik verliert nicht an Relevanz, sondern steigert sich darin sogar noch. Deshalb ist es wichtig, offen miteinander zu reden. Wir hoffen, dass unsere Plattformen auch weiterhin einen Ort der Information und des Austauschs bieten können. Am liebsten würden wir weitere Beiträge drehen. Es gibt noch so viele Geschichten, die man erzählen könnte! Zum Beispiel über Menschen, die im Heim leben, oder über Familien mit Migrationshintergrund. Unser Format könnte wohl unendlich weitergeführt werden.

Was ist ein Highlight des Projekts?

Ein Highlight unseres Projektes war sicherlich, dass wir einen sehr persönlichen Einblick in das Leben dreier Familien erhielten und dies auch vor der Kamera spürbar wurde. Dass wir innerhalb von wenigen Wochen solch ein Vertrauen zu unseren Protagonist*innen aufbauen konnten, war für das Gelingen unseres Projektes nötig, aber nicht selbstverständlich.

Weitere Infos über das Projekt:

Weitere Infos findest du über den Linktree, auf Intagram oder auf YouTube oder nimm Kontakt auf und vernetze dich mit dem Projekt Familienbande oder unterstütze es.