Wenn "Rösti" auf "Tsebhi" trifft und Fussball Sprachkenntnisse überflüssig macht

Jessica durfte das interkulturelle Sommerlager 2017 besuchen, in welchem immigrierte und Schweizer Jugendliche zusammen eine Woche verbringen. Hier erzählt sie von ihren Eindrücken:

Das Lagerhaus gleicht einem einzigen Ameisenhaufen; zahlreiche Stimmen erzählen in verschiedenen Sprachen durcheinander und lassen den Morgen Revue passieren. Die Gruppe war klettern im Seilpark und nun still sie ihren Appetit bei einem feinen Mittagessen. Dieses wurde vom emsigen Küchenteam zubereitet, das mich mit einem grossen Lachen empfängt: «Du kommst gerade richtig, es hat noch ein wenig Reis, Tomatensauce und Linsen – also vor allem Reis, den gibt’s immer dazu, damit ja niemand Hunger leiden muss». 


Gemeinsame Mahlzeiten sind wichtig, nicht nur im von mir besuchten Sommerlager, sondern auch im geregelten Alltag der rund 25 Jugendlichen aus dem «Haus der Jugend» in Immensee. Überall im Haus verteilt informieren Steckbriefe über die temporären Bewohner: «Ich komme aus Afghanistan», kann da gelesen werden oder «Ich möchte besser Deutsch lernen – und Englisch!». Nicht nur aus Afghanistan, sondern auch aus Syrien, Mali, Äthiopien, Eritrea und Somalia stammen die jungen Menschen. Sie sind ohne Eltern oder Verwandte als «unbegleitete minderjährige Asylsuchende», in die Schweiz gekommen und verbringen das einwöchige Lager in den Flumserbergen gemeinsam mit rund 10 Schweizer Jugendlichen. «Eigentlich merkt man überhaupt keinen Unterschied zu einem ‘gewöhnlichen’ Lager», beantwortet die Gymnasiastin Lea meine Frage nach dem Charakter des Lagers, «es sind alle mega lieb und offen und wir haben viel Spass!».


Tolle Aktivitäten erleben steht denn auch an oberster Stelle – dass sich dabei die Kulturen auch noch näherkommen und Deutsch gelernt sowie Vorurteile abgebaut werden ist nur der angenehme Nebeneffekt. «Wie fragt man nochmals nach der Herkunft in deiner Sprache?», wird Ali von Melanie gefragt, die zusammen Jenga spielen. An Stelle seiner antwortet die ganze Gruppe und eine eifrige Diskussion entbrannt – Die Meinungen gehen auseinander, denn in Afghanistan werden unterschiedliche Dialekte gesprochen. «Ganz wie in der Schweiz» sagt Yawari, «In Afghanistan gibt es auch Kantone, nur etwa doppelt so viele wie in der Schweiz, das Land ist schliesslich auch viel grösser!» lacht er. Während dem gemütlichen Spiel- und Sportnachmittag werde ich von Anfang an miteinbezogen und unter anderem auf den Fussballplatz gestellt – dass ich zwei linke Füsse habe und mehrmals über den Ball strauchle wird mit einem Schulterzucken abgetan. Es sei doch nicht schlimm, dass ich nicht spielen könne, meint Ismail. Vermutlich ist die Gruppe dann doch froh, als ich freiwillig auswechsle und sie dadurch den Sieg heimtragen können. 


Den Umgang der Jugendlichen untereinander erlebe ich auch neben dem Fussballplatz sehr positiv. Andere Meinungen werden respektiert und Streit wird sofort geschlichtet. Beim gemeinsamen Kinoabend ist es selbstverständlich, dass das Popcorn geteilt wird und alle ruhig ins Bett gehen um das schon schlafende Küchenteam nicht zu wecken. Dieses sorgt dann am nächsten Morgen für eine energiegeladene Gruppe, die bereit für einen weiteren Tag voller spannender Aktivitäten ist. Auf dem Programm steht der interkulturelle Austausch, bei welchem die Jugendlichen spielerisch mehr über die einzelnen Länder erfahren können. Nebst Tanz und Gesang werden wir mit «gluschtigen» eritreischen und afghanischen Speisen verwöhnt. Mirjam, eine der Leitpersonen meint mit vollem Mund «Also mit solch feinem Essen, den unterstützenden Mitleitenden und den tollen Teilnehmenden könnte das Lager gerne noch ein wenig länger dauern!». Mit diesem hervorragenden Feedback im Gepäck verlasse ich dann die kleine, bunte Welt und mach mich auf den Weg zurück ins neblige Unterland.

Jessica